10 Fragen zur Kärntner Wirtschaftspolitik
Antworten von NAbg. Olga Voglauer, Grüne
- Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen bzw. unterstützen, um der in Kärnten in wesentlichen Bereichen stockenden Energiewende zum Durchbruch zu verhelfen und unser Bundesland zu einer europäischen Kompetenzregion für erneuerbare Energieformen zu machen? (Siehe auch das jüngste Pressegespräch der WK Kärnten)
Wir brauchen die Energiewende wie einen Bissen Brot. Wichtig ist, jetzt keine Zeit mehr zu verlieren. In Kärnten hat man die Energiewende in den letzten fünf Jahren kläglich vernachlässigt. Kärnten ist Österreichs Sonnenland Nr. 1. Wir müssen diese nur nutzen und endlich ausverhandeln, wo wir die Sonnenkraftwerke haben wollen – auf Dächern, Parkplätzen und auf ausgewiesenen Freiflächen. Gleiches gilt für die Windkraft. Setzt Kärnten endlich seine Energiesegel, geht die Kraft sicher nicht aus! Wichtig ist jetzt, die entsprechenden Zonierungen in Auftrag zu geben – Wirtschaft, Industrie, Tourismus und die Bevölkerung, wir alle brauchen Planungssicherheit. Wollen wir eine Kompetenzregion sein, braucht es klare Regeln und einen Rahmenplan, wie die Energiewende in Kärnten ablaufen wird. Es gab genug Gelegenheiten, um über die Energiewende zu diskutieren, jetzt gilt es endlich ins Tun zu kommen. - Wie wollen Sie daran mitwirken, das Kärntner Stromnetz innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen?
Es ist klar, dass wir die Netzkapazitäten absichern müssen. Dafür ist es notwendig, dezentrale Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien optimal in die Stromnetze zu integrieren. Dass die Kärnten Netz in den nächsten Jahren 1 Mrd. Euro in den Netzausbau investiert, ist enorm wichtig. Dieser Ausbau verlangt aber auch nach Flächenzonierungen für PV und Windenergie in einem Umfang, den wir zur Energieautarkie brauchen. Denn die Energieraumplanung ist die Grundlage für guten Netzausbau, der nicht nur Zentralräume umfassen darf. Hier sind noch einige Rahmenbedingungen auszuverhandeln. Die Energiewende bedingt die Optimierung des Übertragungsnetzes dabei automatisch. Mit intelligenten Stromnetzen ermöglichen wir die Steigerung der Energieeffizienz und flexible Tarife optimieren die Erzeugung und Nutzung grünen Stroms. - Wie werden Sie dazu beitragen, die Inbetriebnahme der Koralmbahn 2026 und damit die Schaffung eines neuen „Wirtschaftsraums Südösterreich“ als entscheidenden, nachhaltigen Impuls für den Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten (z.B. hinsichtlich der Homogenisierung Landesgesetze von Kärnten und der Steiermark, der Abstimmung der Bildungseinrichtungen, der Integration der Wirtschaftspolitik, der Konzentration der öffentlichen Verwaltung, der Schwerpunktsetzung hinsichtlich erneuerbarer Energien, der Modernisierung und des Ausbaus der Infrastruktur) zu nutzen?
Die Koralmbahn bringt viele Vorteile und einen Turbo für unseren Land. Es ist für mich unverständlich, warum es die Landespolitik bisher verabsäumt, bereits heute dafür Sorge zu tragen, einer Auspendlerei aus Kärnten entgegenzuwirken: Dafür wäre es wichtig, die Attraktivität des Wirtschafts- und Hochschulstandortes Kärnten massiv zu stärken und zu bewerben. Derzeit wird lediglich das touristische Potential der Koralmbahn angepriesen. Ich meine, das ist ein Liegenlassen von Chacen, die wir nur mehr kurze Zeit nutzen können, denn das Fenster schließt sich mit dem Fortschritt der Bauarbeiten rund um die Koralmbahn. Wir müssen aktiv daran arbeiten, dass die Koralmbahn nicht als reiner Pendler:innenzug nach Graz genutzt wird – das ist für Kärnten keine gute Option.Ein Aspekt, um die Koralmbahn für Kärntens Wirtschaft zu nützen, liegt darin, Güter von der Straße auf die Schiene verlagern zu können. Dafür brauchen wir einen regionalen Güterknoten und eine leistungsfähige Auffahrt auf die Hochleistungsstrecke der Bahn. Die vorhandenen Betriebsflächen in Alplog Süd sind für die Verladung von Containern und anderen Gütern von und für Kärntens Wirtschaftsbetriebe optimal benützbar. Außerdem muss die Koralmbahn durch Güterterminals und Firmengleise an das regionale Verkehrsnetz angebunden und damit in die regionale Wirtschaft eingebunden werden. Das gilt natürlich auch ganz allgemein für den Personenverkehr: Die neue Koralmbahn muss in den Regionalverkehr optimal integriert werden. Die Fahrpläne sollen in der Folge besser aufeinander abgestimmt werden. Die Regionalbahnen werden so attraktiviert und bleiben als rasche Verbindungen durchs Bundesland bestehen. - Was werden Sie unternehmen, um die Integration der EU-Makroregion Alpen-Adria (speziell bezüglich der budgetären Eigenständigkeit, siehe EU-Donauraumstrategie) voranzutreiben und mit Leben zu erfüllen?
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den benachbarten Regionen Italiens und Sloweniens bietet für Kärnten große Chancen für Wirtschaft, Umwelt und Kultur. Die transnationalen Kooperationsprogramme der Makroregionen Donauraum, Adriatisch-Ionischer Raum und Alpenraum zielen auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die Entwicklung eines wirksamen Forschungs- und Innovationsökosystems, die Verbesserung der Mobilität und Konnektivität und von digitalen Verbindungen. So setzen wir uns dafür ein, dass die grenzüberschreitenden Verbindungen im Bahn- und Busverkehr verbessert werden. Speziell wichtig sind uns die Erhaltung der natürlichen Ressourcen, die Bewältigung des Klimawandels und die Etablierung als Vorzeigeregion für Energieeffizienz und erneuerbare Energie. Hier wollen wir im Sinne der Strategie der bestehenden Makroregionen konkrete Projekte vorantreiben, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert werden können. Die Interreg-Programme Österreich-Italien und Österreich-Slowenien bieten weitere Entwicklungs- und Finanzierungsmöglichkeiten. Trilaterale Projekte im Bereich Wirtschaft, Mobilität und Umwelt wollen wir durch Zusammenarbeit und eine koordinierte Projekteinreichung ermöglichen. Die Förderung der Mehrsprachigkeit als Basis für eine intensivere Zusammenarbeit ist uns ein wichtiges Anliegen. - Mit welchen Vorhaben wollen Sie der kritischen demografischen Entwicklung Kärntens und dem drohenden Mangel an Arbeitskräften entgegenwirken?
Bis 2080 sagen die Statistiker:innen Österreich ein Wachstum um weitere 12,1 Prozent voraus, Kärnten aber einen deutlichen Bevölkerungsverlust von 6,4 Prozent. Es sind vor allem die Jungen, gut Ausgebildeten, die gehen. Über die Hälfte der Exil-Kärntner:innen verfügt über einen Hochschulabschluss, über 80 Prozent verlassen unsere Heimat im Alter zwischen 15 und 34 Jahren. Jetzt gilt es eine Trendumkehr einzuleiten, um der Abwanderung unserer Jugend entgegenzuwirken und den bereits ausgewanderten wieder die Option anzubieten, zurück nach Kärnten zu kommen. Es wird oft vergessen, dass Kärnten ein Industriestandort ist und wir viele spannende Fertigungs- und Gewerbebetriebe haben. Um dem drohenden Mangel an Arbeitskräften entgegenzuwirken, kommen wir auch um den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften nicht umher. Kärnten ist mehr als ein Urlaubsland. Kärnten ist offen, ermöglicht gutes Miteinander und hat viel Potential, wenn es um Innovation und moderne Technologie geht. Wir können eine Kompetenzregion sein. - Was werden Sie gleichzeitig unternehmen, um die immer noch zweithöchste Arbeitslosenquote in Österreich (7,1 Prozent) zu senken?
Niemand ist vor Arbeitslosigkeit geschützt. Wir sind für den Ausbau von Programmen, die einen schnellstmöglichen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt unterstützen. - Wie werden Sie angesichts der alarmierenden Klimaprognosen den Wintertourismus in Kärnten aufrechterhalten und im Besonderen den Investitionsbedarf der Seilbahnwirtschaft abdecken?
Jede:r Schifahrer:in in Kärnten zahlt 4 Euro der Tageskarte nur aufgrund der Tatsache, dass wir nach wie vor abhängig von fossilen Energieträgern sind. Der Tourismus, die Seilbahnwirtschaft, wir alle müssen uns auf den Klimawandel einstellen. Deswegen brauchen wir die Energiewende und den Umstieg auf PV und Windkraft. Wenn wir letztes Jahr den heißesten Sommer bisher in Kärnten erlebt haben, so wird dieser Sommer in 20 Jahren einer der kühlsten gewesen sein. Erleben wir heuer so wenige Schneetage wie selten zu vor, dann wird dieser Winter in 20 Jahren einer der schneereichsten und kältesten gewesen sein. Deshalb gibt es kein „weiter wie bisher“. Kärnten braucht ein neues, an den Klimawandel angepasstes Tourismuskonzept für den Sommer und dem Winter. Die Seilbahnwirtschaft als Partner für den Ausbau von Windenergie können wir uns jedenfalls gut vorstellen.Der CO2 Fußabdruck wird zunehmend entscheidend dafür sein, wo wir Urlaub machen. Je nachhaltiger, desto so weniger schlechtes Gewissen verursachen wir bei unseren Gästen. Damit werden wir zukünftig punkten. Deshalb möchten wir dafür sorgen, dass sich Klimaschutz, Unternehmer:innentum und nachhaltiger Tourismus nicht im Weg stehen, sondern Hand in Hand gehen, immerhin stellt der Tourismus in Kärnten einen großen Wirtschaftsfaktor dar, der zehntausende Arbeitsplätze sichert. Auch im Tourismus steht Nachhaltigkeit für uns an erster Stelle. Deswegen setzen wir auf sanfte Tourismusprojekte, die wirtschaftliche Chancen und sinnstiftende Arbeitsplätze gleichermaßen schaffen, wie sie Naturräume und Ressourcen schonen und eine klimaneutrale Mobilität fördern. Vor dem Hintergrund der Klimaerhitzung werden wir Alternativen zum klassischen Wintertourismus entwickeln. Deshalb fördern wir einen Ganzjahrestourismus, der regionale Produkte und Dienstleistungen in den Fokus nimmt und auch Angebote für die ortsansässigen Menschen schafft. - Welche Konzepte werden Sie entwickeln und verfolgen, um die zersplitterte Standortpolitik Kärntens (derzeit: Kärnten Werbung/Strategische Landesentwicklung/KWF/Babeg/WKK) zu integrieren und auf ein gemeinsames Leitbild zu fokussieren?
Derzeit hat man das Gefühl, dass Kärnten vor allem Tourismuswerbung macht. Ich vermisse eine klare Hochschulstrategie, die die Universität und die Fachholschule mit all ihren Potentialen als eine Gesamtheit versteht. Es gilt, Kärnten als zukünftigen attraktiven Arbeitsort zu positionierten. Wie man für hochqualifizierte Mitarbeiter:innen in Kärnten attraktiv sein kann, können wir vom Lakesidepark in Klagenfurt aber auch von den vielen international tätigen Unternehmen in Kärnten lernen. Sie müssen wir vor den Vorhang holen, um zu erzählen, dass es schön ist in Kärnten zu arbeiten und zu leben. - Was werden Sie tun, um die für das Wachstum von Unternehmen nach wie vor bestehenden Hürden in Gesetzgebung und Bürokratie abzubauen?
Gerade in der aktuell so herausfordernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation müssen wir uns fragen, wie wir Politik machen. Für uns ist klar, dass es Zuspruch und aufrichtige Anteilnahme für verschiedene Bedürfnisse braucht. Das heißt für die politische Tätigkeit neue Formate der Teilhabe zu etablieren und partizipative Prozesse im Austausch mit den Menschen als neue Selbstverständlichkeit zu verstehen. Also einfach gesagt: Zuhören, aufeinander Zugehen und Möglichkeiten der gemeinsamen Gestaltung der Rahmenbedingungen anbieten. So kann Innovation im Sinne aller gelingen. Und so kann die Wirtschaft in Kärnten Tourismus, Start-Ups, Wissenschaft und auch internationale Kontakte unter einen Hut bringen. - Mit welchen Maßnahmen kann das Land Kärnten Ihrer Meinung nach die enorm gestiegenen Energiekosten abfedern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten?
Klar ist: Haupttreiber der Teuerung ist der Krieg in der Ukraine. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine spüren wir alle die hohen Energiekosten ganz direkt. Die derzeitigen Öl- und Gaspreise führen uns unsere Abhängigkeit von fossiler Energie deutlich vor Augen. Für dieses Problem gibt es nur eine Lösung, nämlich den Umstieg auf saubere Energie aus erneuerbaren Quellen. Denn die Energiewende macht unser Leben letztendlich wieder leistbar und das Wirtschaften möglich. Wir müssen Kärnten bis 2030 energieautark machen – das schafft Chancengleichheit, weil das Leben in unserer schönen Heimat leistbar bleibt. Die Energiekrise hinter uns zu lassen heißt, den Kindern und jungen Menschen Perspektive, und uns allen Sicherheit zu geben.