10 Fragen zur Kärntner Wirtschaftspolitik
Antworten von LR Martin Gruber, ÖVP
- Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen bzw. unterstützen, um der in Kärnten in wesentlichen Bereichen stockenden Energiewende zum Durchbruch zu verhelfen und unser Bundesland zu einer europäischen Kompetenzregion für erneuerbare Energieformen zu machen? (Siehe auch das jüngste Pressegespräch der WK Kärnten)
Die Kärntner Wirtschaft braucht Genehmigungen mehr als Förderungen. Denn die Unternehmen wollen in diesem Bereich investieren, man lässt sie aber nicht. Der wichtigste Hebel ist es daher, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Wenn dafür gesetzliche Änderungen notwendig sind, wird die ÖVP das befürworten und unterstützen. Wir müssen auch die Möglichkeiten, die uns die EU-Notverordnung in diesem Bereich gibt, in den Genehmigungsbehörden voll ausschöpfen. Zusätzlich braucht es eine strategische Energieraumplanung, denn eine eindeutige Zonierung bringt Klarheit. Es braucht eine Neufassung des Energiemasterplans Kärnten, dessen Ziele zu wenig ambitioniert sind. In der Versorgung mit Energie bringt uns nur Regionalität langfristig die gewünschte Unabhängigkeit und damit Energieversorgungssicherheit, die wir in Krisenzeiten benötigen. Dazu bedarf es einer konsequent verfolgten Energiewende mit Unterstützung, Entbürokratisierung und Förderung bei regionalen Energieversorgungs-Anlagen in den Bereichen Wasserkraft, Speicherkraft, Windkraft und Sonnenkraft. Vor allem sollten PV-Anlagen auf allen betrieblichen Flächen ermöglicht werden. Zusätzlich müssen wir auch neue Technologien und Innovationen, wie beispielsweise Wasserstoff, weiter fördern. Kärnten ist das erste Bundesland, das auf Druck der ÖVP eine eigene Wasserstoffstrategie für das Land erarbeitet hat, die Industrie und Mobilität abdeckt. Die ersten Wasserstoffbusse sind bereits im Linienverkehr, eine Umrüstungsberatungsoffensive ist gestartet. - Wie wollen Sie daran mitwirken, das Kärntner Stromnetz innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen?
Die Versorgungssicherheit der Kärntner Wirtschaft und der Bevölkerung muss ganz oben auf der politischen Agenda stehen, um Gefahrenpotenziale durch Netzüberlastungen oder Blackouts frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Es liegt in der Verantwortung der Stromanbieter, das Netz konsequent weiter auszubauen und die Versorgung für die Wirtschaft zukunftssicher zu machen. Dafür sollen die aktuell außerordentlich hohen Gewinne der Stromerzeuger investiert werden. Hier müssen beispielsweise auch intelligente Speichersysteme verstärkt eingesetzt werden, um die Netzfrequenz stabil zu halten. Stromspitzen, die sich durch die starke Einspeisung von erneuerbaren Energien ergeben, müssen künftig auch im Bereich der Wasserstofferzeugung eingesetzt werden, um diese zu speichern und gleichzeitig das Netz zu entlasten. Die öffentliche Hand hat jedenfalls die Verpflichtung, die notwendigen Genehmigungsverfahren raschest abzuwickeln. - Wie werden Sie dazu beitragen, die Inbetriebnahme der Koralmbahn 2026 und damit die Schaffung eines neuen „Wirtschaftsraums Südösterreich“ als entscheidenden, nachhaltigen Impuls für den Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten (z.B. hinsichtlich der Homogenisierung Landesgesetze von Kärnten und der Steiermark, der Abstimmung der Bildungseinrichtungen, der Integration der Wirtschaftspolitik, der Konzentration der öffentlichen Verwaltung, der Schwerpunktsetzung hinsichtlich erneuerbarer Energien, der Modernisierung und des Ausbaus der Infrastruktur) zu nutzen?
Die Koralmbahn ist eine Jahrhundert-Chance, die Kärnten nicht verschlafen darf. Wenn Wirtschaftsräume zusammenwachsen, müssen wir auch auf politischer Ebene noch enger zusammenarbeiten. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Bahn in beide Richtungen fährt – daher müssen wir unsere Stärken ausspielen und die enormen Potentiale nutzen, die sich dadurch ergeben. Der neue Wirtschaftsraum, der entstehen wird, setzt voraus, dass Politik und Wirtschaft den Regionsbegriff neu denken. Es braucht daher einen bundesländerübergreifenden Masterplan, der von der Raumordnung und Ansiedlungsflächen über die Mobilität bis hin zu einem abgestimmten Bildungsangebot und einer gemeinsamen Bewerbungsoffensive des Wirtschaftsraumes Süd nach außen sichtbar wird. Vor allem gilt es, die regionalen Stärken zu nutzen: während die Steiermark besonders stark im Forschungsbereich ist, haben wir unsere Stärken im Anwendungsbereich. Das wird in den kommenden Jahren ein besonders starker Entwicklungsturbo werden. Das Potential dieser Zusammenarbeit zeigt sich bspw. im Wasserstoffbereich. Unser Forschungspartner HyCentA sitzt in Graz – Unternehmen wie Tribotecc und Infineon in Kärnten. - Was werden Sie unternehmen, um die Integration der EU-Makroregion Alpen-Adria (speziell bezüglich der budgetären Eigenständigkeit, siehe EU-Donauraumstrategie) voranzutreiben und mit Leben zu erfüllen?
Kärnten liegt geografisch am Schnittpunkt von zwei transeuropäischen Verkehrsachsen, was einen großen Standortvorteil im Alpen-Adria-Raum darstellt. Wir müssen daher weiter in die wirtschaftliche Integration investieren, um auch wirtschaftlich ins Herz Europas zu rücken. Mit der Exportoffensive haben wir in der ÖVP bereits bisher klar den Ausbau von gemeinsamen Projekten und Wirtschaftsmissionen forciert. Wir wollen die Kofinanzierung verstärken, damit mehr EU-Mittel in die Region geholt werden, die auch die bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen fördern. Mit dem EU-weit einzigartigen Zollkorridor zwischen dem Hafen Triest und dem Logistik Center Austria Süd ist ein Vorzeigeprojekt entstanden, das ein echter Gamechanger für den Wirtschaftsstandort ist. Kärnten wird damit im Alpen-Adria-Raum als EU-weite wirtschaftliche Drehscheibe positioniert. Mit direkter und unbürokratischer Anbindung an den Hafen erreicht der Standort Kärnten ein europaweit einzigartiges Alleinstellungsmerkmal. Der gesamte Standort wird damit Knotenpunkt internationaler Handelsströme, was für ein Exportbundesland wie Kärnten ein enormer Vorteil im internationalen Wettbewerb ist. - Mit welchen Vorhaben wollen Sie der kritischen demografischen Entwicklung Kärntens und dem drohenden Mangel an Arbeitskräften entgegenwirken?
Die demographische Entwicklung ist eine der größten Herausforderungen Kärntens der nächsten Jahrzehnte. Es wird große gemeinsame Anstrengungen brauchen um unsere Regionen als Arbeits- und Lebensraum zu erhalten. Ein Schlüssel dabei sind Investitionen in eine moderne Basisinfrastruktur vor Ort, von sozialen Dienstleistungen und Breitbandinternet über Straßen und Mobilität bis hin zur Kinderbetreuung. Mit dem ersten Kärntner Regionalentwicklungsgesetz haben wir bereits einen wichtigen Schritt gesetzt. Denn damit verpflichtet sich die Politik in den nächsten Jahren konsequent in Regionen zu investieren und regionale Projekte zu ermöglichen. Im Bereich der Arbeitskräfte müssen wir zusätzlich die Ausbildung der Kärntnerinnen und Kärntner in jenen Branchen forcieren, in denen Fachkräfte von morgen gefragt sind. Die Ausbildung muss bedarfsorientiert an den Erfordernissen der Wirtschaft passieren. Eine weitere Aufwertung der Lehre ist dringend geboten. - Was werden Sie gleichzeitig unternehmen, um die immer noch zweithöchste Arbeitslosenquote in Österreich (7,1 Prozent) zu senken?
Wir sprechen uns klar dafür aus, das Thema Arbeitsmarktreform noch einmal beherzt anzugehen. Es muss eine deutliche Differenz geben zwischen Entgelt für Arbeit und Entgelt für Arbeitslosigkeit, weil sich Leistung lohnen muss. Zusätzlich muss es uns gelingen mehr Menschen in Vollbeschäftigung zu bringen, die derzeit nur in Teilzeit beschäftigt sind oder dem Arbeitsmarkt aufgrund von Betreuungspflichten nicht zur Verfügung stehen. Auch ältere Personen, die weiter arbeiten wollen, müssen steuerlich entlastet werden. Leistung muss nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden. - Wie werden Sie angesichts der alarmierenden Klimaprognosen den Wintertourismus in Kärnten aufrechterhalten und im Besonderen den Investitionsbedarf der Seilbahnwirtschaft abdecken?
Die Seilbahnen sind das Zugpferd für den Kärntner Wintertourismus und bringen zahlreiche wichtige Wertschöpfungseffekte für andere Branchen. Wir müssen es den Kärntner Seilbahnbetrieben vor allem ermöglichen, in die Energieunabhängigkeit zu investieren. Das bedeutet, dass sie auf ihren Flächen ohne Bürokratie künftig erneuerbare Energieprojekte errichten können. Wir halten es für falsch, die Klimadebatte auf dem Rücken der Seilbahnbetriebe auszutragen. - Welche Konzepte werden Sie entwickeln und verfolgen, um die zersplitterte Standortpolitik Kärntens (derzeit: Kärnten Werbung/Strategische Landesentwicklung/KWF/Babeg/WKK) zu integrieren und auf ein gemeinsames Leitbild zu fokussieren?
In erster Linie geht es um eine Ausweitung und Professionalisierung des Standortmarketings, um Kärnten als Wirtschaftsstandort einheitlich nach außen zu bewerben. Ziel muss es ein, dass alle Organisationen sich einem gemeinsamen Leitbild verpflichtet fühlen und die Wirtschaft eingebunden ist. Wir wären gut beraten, alle Standortmarketingaktivitäten in der Kärnten Werbung zu bündeln und diese zu einer echten Standortagentur nach oberösterreichischem Vorbild aufzuwerten. Die ÖVP hat dies immer vorangetrieben. - Was werden Sie tun, um die für das Wachstum von Unternehmen nach wie vor bestehenden Hürden in Gesetzgebung und Bürokratie abzubauen?
Mit der Wirtschaftsombudsstelle haben wir in Kärnten einen wichtigen Schritt gesetzt, um Bürokratie abzubauen und Unternehmen im Behördenverfahren unterstützend zur Seite zu stehen. Diese Aktivitäten wollen wir weiter intensivieren. Auf gesetzlicher Ebene sprechen wir uns für eine regelmäßige Evaluierung aller Landesgesetze und für die verpflichtende Umsetzung des „One in – one-out“ Prinzips aus. Zusätzlich kann ein Digitalisierungsturbo in der Verwaltung Verfahren maßgeblich beschleunigen. Wir wollen beispielsweise, dass künftig das gesamte UVP-Verfahren voll digital geführt wird, vom Antrag bis zum Bescheid. Hier arbeiten wir gemeinsam mit Oberösterreich an einem österreichweiten Leitprojekt. - Mit welchen Maßnahmen kann das Land Kärnten Ihrer Meinung nach die enorm gestiegenen Energiekosten abfedern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten?
Mit dem Energiekostenzuschuss und der Strompreisbremse, aber auch der Ausweitung des Kärnten-Bonus bis in den Mittelstand sowie die Verbilligung des „Kärnten Ticket“ haben wir im Bund und Land umfassende Maßnahmen gesetzt, um jene zielgerichtet zu unterstützen, die von der Teuerung besonders betroffen waren. Aber Förderungen und Zuschüsse können nur kurzfristig eine Maßnahme sein, damit wir die Inflation nicht weiter anzuheizen. Mittelfristig geht es vor allem darum, die Wirtschaft und die heimischen Betriebe zu stärken, weil sie für Arbeitsplätze sorgen, und Beschäftigung ist ein wirksames Mittel gegen Inflation. Langfristig wird uns nur der Ausbau regionaler Unabhängigkeit, bei den Lebensmitteln wie auch bei der Energie, resilienter gegen solche Krisen machen.